Leserbrief zu: Fahrländer, Im Grossen Rat sitzt eine starke Gemeinde-Lobby,

SONNTAG 12.06.11

Wer hat Angst vor der „Gemeinde-Lobby“?

Schön, dass wir es wieder einmal schwarz auf weiss lesen dürfen: Die Grossrätinnen und Grossräte  müssen das Kantonswohl im Auge behalten. Herr Fahrländer ist der Meinung, dass die Gemeindevertreter im Grossen Rat dies zu wenig tun, weil sie die „Gemeindebrille“ aufhaben. Um es vorwegzunehmen: Die Damen und Herren Gemeindevertreter im Grossen Rat sind mit wenigen Ausnahmen in ihren Gemeinden Milizpolitiker, haben also keinen persönlichen finanziellen Vorteil, wenn sie sich für ihre Gemeinden einsetzen. Wie sieht dies bei den grossrätlichen Lehrpersonen-, Landwirtschafts- und diversen Verbands- und Berufsvertretern aus? Und wie stark tragen diese zu einem gesunden Kantonshaushalt bei?
Ich kann allen Aargauerinnen und Aargauern versichern, dass die meisten Gemeindevertreter im Grossen Rat durchaus in der Lage sind, differenziert abzustimmen und nicht nur den Vorteil für die Gemeinden in den Vordergrund zu rücken. Gerade weil der Kanton festgestellt hat, dass die Gemeinden bis zum Inkrafttreten der neuen Spitalfinanzierung 2012 überproportional belastet worden sind, hat er sich bereit erklärt, sich an den Pflegekosten im laufenden Jahr zu beteiligen. In der Regel läuft der Mechanismus nämlich nicht zu Gunsten der Gemeinden: der Bund wälzt Aufgaben und Kosten auf die Kantone ab, der Kanton Aargau schafft daraus eine Verbundsaufgabe und stellt enge Vorgaben auf, und die Gemeinden müssen diese dann umsetzen und mitfinanzieren, ohne dass ihnen ein nennenswerter Handlungsspielraum bleibt. Dass die Gemeinden dadurch versucht sind, den jeweiligen Finanzierungsanteil des Kantons zu erhöhen, ist wohl verständlich. Der Kanton Aargau steht finanziell und wirtschaftlich sehr gut da, dank einer weitsichtigen Politik der Regierung, aber auch dank der Umsichtigkeit des Grossen Rates, in dem nicht zuletzt Gemeindepolitikerinnen und Gemeindepolitiker mithelfen, die Kantonsfinanzen im Lot zu halten. Schliesslich tragen sie auch in ihren Gemeinden Sorge zu den Steuergeldern. Es stimmt übrigens nicht, dass der Grosse Rat die Waage der Aufgaben- und Lastenteilung durch seine Beschlüsse aus dem Lot kippt; die Waage ist noch gar nicht neu tariert. Eine paritätische Arbeitsgruppe wird bis Ende 2013 unter Einbezug aller neuen Aufgaben und Finanzströme eine Bilanz der Be- und Entlastungen auf Kantons- und Gemeindeseite und mögliche Ausgleichsmassnahmen vorlegen. Denn zum Wohle des Kantons Aargau gehören zum Glück auch gesunde und starke Gemeinden.

Alexandra Abbt,
Grossrätin CVP,
Gemeindeammann Islisberg