Drill im Kinderzimmer

Der Leserbrief in der AZ vom Montag vergleicht gewaltverherrlichende PC-Spiele mit Fussball und anderen Freizeitbeschäftigungen. Dieser Vergleich ist absolut unzulässig! Es geht bei den so genannten „Ego-Shootern“ oder Killerspielen nicht um „ein Medium, an dem ein problematischer Teenager seinen Frust verarbeitet“. Diese Spiele sind ursprünglich in der Armee entstanden, um die Hemmschwelle der Soldaten beim Schiessen zu senken  und ihre Reaktionsfähigkeit und damit ihre Kriegsfertigkeit sicherzustellen. Durch Drill und Training an solchen Simulatoren sollen kriegstaugliche Verhaltensmuster und Automatismen bezweckt werden, und zwar möglichst unbewusst und ohne nachzudenken.
Und genau diese Wirkung zeigt der regelmässige Konsum solcher Killerspiele bei labilen Jugendlichen. Die Empathie wird zerstört, das Gegenüber nicht mehr als menschliches Wesen wahrgenommen, sondern nur noch als Feind, der vernichtet werden muss. Alle Amokläufe der letzten Jahre zeigen genau dieses Muster: hat es erst einmal in der Psyche der Täter „Klick“ gemacht, läuft alles nach dem automatisierten Schema ab und kann nur mit dem Tod des Täters gestoppt werden.
Hierbei soll aber nicht behauptet werden, dass die Killerspiele die Ursache der Gewalt seien. Vielmehr besteht die Problematik darin, dass gewaltbereite und psychisch angeschlagene Jugendliche durch die PC-Spiele regelrecht zu Killern ausgebildet werden, und das ist fatal. In meinem letzte Woche im Grossen Rat eingereichten Vorstoss geht es darum auch nicht um ein Verbot der Killerspiele, dies wird demnächst auf Bundesebene diskutiert. Mir geht es vor allem darum, dass gerade gefährdete Jugendliche in Erziehungsheimen und anderen staatlichen Einrichtungen keinen Zugang zu diesen Spielen haben, dass generell in Schulen und Bibliotheken vermehrt darauf geachtet wird und dass vernünftige und vor allem wirksame Präventionsmassnahmen ergriffen werden. Im Angesicht der furchtbaren Ereignisse der letzten Wochen ist es schlichtweg fahrlässig, den Zusammenhang zwischen gewaltverherrlichenden Killerspielen und Amokläufen von Jugendlichen zu leugnen. Immerhin bin ich der Leserbriefschreiberin dankbar, dass sie eine bitter nötige Debatte lanciert hat. Doch der Vergleich mit einem Fussballspiel ist auch in anderer Hinsicht völlig falsch: ein Fussballspiel muss ich nicht besuchen, wenn ich Angst vor Ausschreitungen habe. Aber wie steht es mit der Schule?

Alexandra Abbt, Grossrätin, Islisberg