Ein Antrag verlangte, die Umfahrung Muri wieder in die Vororientierung des Richtplans aufzunehmen.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrter Herr Regierungsrat, geschätzte Kolleginnen und Kollegen

Vor ein paar Jahren hiess es noch, die Zeit der Umfahrungen sei vorbei. Heute harren wieder zahlreiche Projekte der Realisierung oder mindestens der Vororientierung und der Aufnahme in den Richtplan.
Der Verkehr nimmt zu, die Lärmbelastung damit auch, und unsere Dörfer werden durch die verkehrsreichen Hauptstrassen zerschnitten. Dabei werden meistens Schulwege tangiert und die Wohnqualität in den Zentren nimmt ab. Wenn der Leidensdruck zu gross wird und die bauliche Situation zu gefährlich, wie in Mellingen, dann müssen andere Anliegen und Interessen in den Hintergrund treten. Dabei sollen auch Umfahrungsstrassen nicht grundsätzlich als negativ angesehen werden.
Durch den Bau einer neuen Umfahrungsstrasse kann durchaus auch der Naturschutz profitieren, zahlreiche ökologische Ausgleichs- und Aufwertungsmassnahmen sind schon gesetzlich vorgesehen und können während der Projektierung sogar noch verbessert werden. In meiner unmittelbaren Nachbarschaft ist das Autobahndreieck Fildern ein gutes Beispiel dafür. Im Zuge des Tunnel- und Autobahnbaus ist ein wertvolles Naturschutzgebiet mit unterschiedlichsten Lebensräumen entstanden, das schon fast idyllisch zu nennen wäre, würde man den Faktor „Lärm“ ausblenden. Jedenfalls ist dieses Gebiet heute trotz Autobahn sicherlich artenreicher als der landwirtschaftlich genutzte Boden früher. Die Landwirte unter Ihnen mögen mir verzeihen, aber das ist nun mal Tatsache und hat den Steuerzahler zugegebenermassen auch einiges gekostet. Böse Zungen behaupten bereits, dass man heute Strassen bauen muss, um etwas für den Naturschutz zu tun…
Und wie steht es mit der Weiterführung der Umfahrung Birri bis nach Muri? Der Fall liegt hier doch etwas anders: Die Linienführung der Umfahrung quert eine Landschaft von kantonaler Bedeutung und durchschneidet eine Geländekammer, die bis heute noch unberührt von Bauten und vom Verkehr ist.
Jetzt stellt sich die Frage nach dem Leidensdruck, der diese Massnahme allenfalls rechtfertigen könnte. Hier verweise ich auf die Information der REPLA Oberes Freiamt und der AZ vom 25. August 2011: „Die Eröffnung der Autobahn A4 Knonaueramt wirkt sich, entgegen den Erwartungen, eher positiv auf den Verkehr im oberen Freiamt aus.“…
„Die Verkehrszählungen des Kantons ergaben, dass auf den Querachsen Birri-Ottenbach …keine überdurchschnittliche Verkehrszunahme erfolgte. Das gleiche gilt auf der Längsachse Muri – Boswil. Auf der Längsachse Aristau – Bremgarten kam es sogar zu einer rechten Reduktion des Verkehrs. Auch der Schwerverkehr nahm ab: auf der Strecke Birri – Ottenbach um 17 Prozent…“
Die selben Aussagen konnten Sie übrigens letzten Dienstag auch nochmals der Zeitung entnehmen. Selbstverständlich ist dies nur eine Momentaufnahme. So wie sich das Siedlungswachstum in dieser Region entwickelt, muss auch mittelfristig damit gerechnet werden, dass die positiven Folgen der A4 verschwinden werden. Gerade aber auch durch das Einwohnerwachstum wird ein anderes Problem immer wichtiger: die Naherholungsräume. Die Menschen ziehen ins Freiamt, weil sie die Nähe zur Natur suchen und trotzdem gut an die Wirtschaftszentren angebunden sind. Die Naturnähe figuriert als Standortfaktor bei einer ZKB-Studie sogar noch weit über der Steuerbelastung. Das heisst auch, dass diese neuen Einwohner in ihrer Freizeit die Ruhe und Erholung in der Natur suchen. Werden immer mehr dieser Erhohlungsräume durch lärmige Strassen zerschnitten, weichen die Leute auf weiter entferntere Gebiete aus, natürlich mit dem Auto…, und der Druck auf die wenigen noch unberührten Landschaften wächst weiter, mit allen negativen Folgen, wie sie die Reusstal-Gemeinden den Sommer über nur zu gut kennen. Wir, und damit meine ich alle Gemeindebehörden im Freiamt und im übrigen ländlichen Raum, müssen uns dringend Gedanken zur Weiterentwicklung unserer Region machen und dem Natur- und Erholungsraum seinen Platz in unseren Planungen einräumen.
Schlussendlich bleibt die nüchterne Kosten – Nutzen-Beurteilung, und die spricht für die CVP-BDP-Fraktion eindeutig gegen eine Umfahrung. Wie erwähnt, die Verkehrssituation rechtfertigt die enormen Kosten nicht. Ausserdem hat sich Muri gerade rund um den Kreisel, der durch die Umfahrung entlastet werden soll, zu einem eigentlichen Wirtschaftszentrum mit einem gross dimensionierten Coop-Einkaufszentrum und einem Bankneubau entwickelt. Schon von daher macht eine Umfahrung wenig Sinn. Der Regierungsrat hat die Vororientierung der Umfahrung aus dem Richtplan genommen, weil er in diesem hochsensiblen Umfeld noch weitere Abklärungen machen möchte. Das heisst ja nicht, dass eine allfällige Umfahrung für alle Zeiten verhindert wird, schliesslich entscheiden wir bald jede Woche hier im Grossen Rat über neue Richtplaneinträge oder –änderungen. Zum jetzigen Zeitpunkt hält es unsere Fraktion aber für vernünftig, diese Strasse aus der Vororientierung zu streichen. Wir werden daher diesem Antrag nicht zustimmen.

Alexandra Abbt, für die CVP-BDP-Fraktion